Dokumentarisch Karotten fotografieren – dabei statt mittendrin 

“Sag mal, würdest du dir mein Firmenlogo tätowieren lassen?”

Das war die Frage, die meine Freundin Cora an mich stellte, als sie mit ihrer neuen Idee an mich herantrat.
Cora ist Geschäftsführerin des bio-veganen Cateringunternehmens “Klugbeisser”, für das ich in den letzten zwei Jahren schon so einiges fotografiert habe.

Als Cora mit der Idee rausrückte, dass sie andere Menschen dazu anstiften wollte, sich ihr Firmenlogo tätowieren zu lassen, war ich sofort Feuer und Flamme. Die zwei gekreuzten Karotten sind ein Sinnbild für den militanten Guerilla-Veganismus, den es meiner Meinung nach braucht, damit sich etwas ändert im Bewusstsein der Menschen.
Mit den Klugbeissern als veganes Unternehmen würde ich also nicht nur eine gute Idee unterstützen, sondern das ganze auch noch mit meinen Werten verbinden.
Dieses Event fotografisch begleiten zu dürfen, war also ein besonderes Vergnügen. 


Oft sehe ich mich mit der Kamera eher als eine Beobachterin. Sie ist ein Werkzeug, das es mir erlaubt, uneingeschränkt eine Situation oder einen Menschen zu betrachten. In sozialen Kontexten ist sie manchmal ein Abstandshalter, aber gleichzeitig auch ein Kommunikationsmittel, das eine Brücke zwischen mir und meinem Gesprächspartner schlägt.

Beim dokumentarischen Fotografieren liebe ich dieses exponierte Beobachten besonders. Mir ist schon öfter mitgeteilt worden, dass ich in diesen Momenten beim Fotografieren irgendwie verschwinde. Wenn ich unsichtbar bin, kann ich am besten arbeiten. Dann fühlt sich niemand beobachtet oder gar gestört und alle sind irgendwie sie selber.
Ein weiterer Thrill am Dokumentarischen ist die Spontanität, die mir als Fotografin abverlangt wird. Wenn ich die Location nicht kenne, mich auf das vorhandene Licht verlassen muss und am besten noch wenig bis gar keinen Platz habe, sehe ich das als Ansporn, meine Grenzen auszuloten. Ich kann nicht auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Und das ist gut so! Würde ja sonst langweilig werden.

Ab unter die Nadel!

Zurück zum Tattootermin. An einem Wochenende sammelten sich in einem Tattoostudio in Linden eine handvoll Freiwillige. Hier war ich also nicht nur als Fotografin anwesend, sondern auch in den Prozess selbst involviert. Dass Tätowierer mit Tageslichtlampen arbeiten, war mir neu, ist im Nachhinein aber völlig logisch. Gut für mich und den Weißabgleich. 

Die Karotten sollten mein zweites Tattoo werden. Ob ich sie später als “Jugendsünde” verbuche? – Ziemlich unwahrscheinlich.

Veganismus – in erster Linie ökologisch und dann ethisch – halte ich nämlich für grundlegend relevant und unterstützenswert und wird sicherlich auch in den kommenden Phasen meines Lebens eine Rolle spielen. Und letztendlich ist es nur ein Körper, der gerne mit Spuren und Zeichen seiner Lebensphasen geschmückt werden darf. 

Ich bin jedenfalls stolz auf meine zwei Guerilla-Möhren und ich bin froh über jeden Menschen, der es wagt, ein bisschen was anders zu machen als die anderen.
Für mehr “verrückte” Einfälle und Ideen! Lass mich gerne mit der Kamera dabei sein.  <3